Lebensräume im Wohnhaus
In 12 Lebensräumen im Wohnhaus wird beispielhaft das dörfliche Leben vergangener Zeiten wieder lebendig: Ern, Küche, Mägdezimmer, Gute Stube, Standes- und Bürgermeisteramt, Schlafzimmer, Kirchzimmer, Schulzimmer, Plumpsklo, Omas Schlaf- und Sterbezimmer, Flüchtlingszimmer und alte Gute Stube
Ern
Weiter als bis in diesem Hausflur wurden Fremde nicht hineingelassen. Ob es sich nun um fahrendes Volk handelte, um den Scherenschleifer um den Kesselflicker oder Leute mit einem Bauchladen die Schnürsenkel verkauften oder auch um den Postboten um den Gemeindediener oder in der Nachkriegszeit um arme oft auch hungernde Städter, die versuchten einige wertvolle Gegenstände gegen Kartoffeln oder bestenfalls eine Speckschwarte zu tauschen.
Eine solche hamsternde Frau und ein Bauchladen Verkäufer sind dort ausgestellt. Im Treppenhaus des Forsthauses sieht man einen Wilderer Stutzen und andere Jagd Requisiten. Im Übrigen wurden im Ern die Schuhe gewechselt: Stallschuhe, Holzschuhe und auch die Stiefel wurden gegen Hausschuhe ausgetauscht (zum Hören, 1:23 min).
Küche
Hier zeigt sich die Entwicklung von der ursprünglich offenen Feuerstelle über das Herdfeuer bis hin zum Elektroherd. Im Backtrog wurde der Teig gemengt, im Butterfass wurde die Butter gestampft. Eine Spülmaschine gab es nicht, sondern bestenfalls eine Tischschublade mit Waschschüssel. Überhaupt hatte die Küche ursprünglich auch keinen Wasseranschluss, später aber wenigstens einen Kaltwasserhahn. Auch die Zinkbadewanne konnte in einer Ecke stehen. Statt Kaffeemaschine wurden Gerste oder Kaffeebohnen über dem Feuer selbst geröstet.
Daneben befand sich die Vorratskammer oder Speisekammer. Hier gab es selbstverständlich keine Gefriertruhe und keinen Kühlschrank. Das Haltbarmachen von Speisen erfolgte durch pökeln, räuchern, sauer einlegen, einsalzen, einmachen oder ein „wecken“. Später konnten auch eigene Dosen für Dosenfleisch hergestellt werden. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit Früchte zu trocknen oder zu dörren. Selbstverständlich waren Fliegengitter notwendig oder Mausefallen. (zum Hören, 2:03 min).
Mägdezimmer
Es handelt sich eher um ein unbeheiztes Zimmerchen. Hier war es im Winter saukalt und Eisblumen bildeten sich an den Fensterscheiben. Man kann hier die Entwicklung der Wärmflasche betrachten, ursprünglich nur ein Stein, der im Feuer gelegen hatte, später schwere Metallflaschen und schließlich die Gummi Herzchen. Insgesamt war die gesamte persönliche Einrichtung äußerst spärlich, ebenso wie der Jahreslohn der Magd. Es gab außer Kerzenlicht keine Beleuchtung und das Leben einer Dienstmagd war schwer und entbehrungsreich. Sie musste als erste aufstehen, morgens in der Küche Feuer machen, die Kühe melken und den ganzen Tag über schwere Arbeit leisten (zum Hören, 1:28 min).
Gute Stube
In den frühen 50er Jahren stand in der guten Stube womöglich schon ein alter schwarzweiß Fernseher und ein Röhrenradio. Der Nierentisch durfte nicht fehlen und auch nicht die Aschenbechergarnitur. Es gab ein Buffet und eine Kuckucksuhr. Auf dem alten Dielenfußboden war schon Stragula ausgelegt, an anderen Stellen aber wurde noch mit Streusand gescheuert.
Auch zeigt sich die Entwicklung der Beleuchtung : ursprünglich vom Kienspan über den Kerzenhalter zur Petroleum Funzel zur Petroleumlampe und schließlich die erste Elektrizität mit einer stromsparenden 25 Watt Birne. Der Raum wurde mit einem Holzofen beheizt. Der Vater hat hier seine Pfeife geraucht und die Mutter womöglich noch das Spinnrad betätigt oder schon eine bunte Illustrierte gelesen (zum Hören, 1:47 min) .
Standesamt und
das Bürgermeisteramt
Hier befand sich das preußische Standesamt und das Bürgermeisteramt. Später im Krieg wurden hier auch Fern -Trauungen durchgeführt, das heißt die Braut wurde in Abwesenheit ihres Mannes mit dem an der Front befindlichen Soldaten getraut. Nebenbei gibt es eine kurze Darstellung der Entwicklung von Schreibmaschinen und an der Wand eine „wilde“ alte Elektroinstallation. In einer Ecke des Raumes sind Trachtenpuppen ausgestellt und hier und von hier aus führt auch die alte Stiege hinauf zum Dachboden mit einem Katzenloch in der Tür. Dies war notwendig, damit die Katze auf dem Kornboden Mäuse fangen konnte (zum Hören, 1:29 min).
Schlafzimmer
Hier wird eine Hausgeburt gezeigt. Seegras-Matratzen hatten den alten Strohsack abgelöst. Die junge Frau bekam ihr Kind im Bett, assistiert nur von einer Hebamme und musste zur Not auf ein Stück Holz beißen. In dem Zimmer befindet sich eine Wiege, mehrere Tauf-Kleidchen und etliche geburtshilfliche Instrumente – zum Beispiel die sogenannte Zange (zum Hören, 0:58 min).
Kirchzimmer
Kirchenbänke, Kanzel, Kruzifix: hier ist ein Teil des damaligen kirchlichen Alltags dargestellt. Einige Frauen sitzen in verschiedener Funktions-Tracht vor der Kanzel, wobei es durchaus vorkommen konnte, abgekanzelt zu werden. Kam zum Beispiel eine junge Braut schon 5 Monate nach der Trauung mit einem Kind nieder, wurde sie vor der gesamten Gemeinde öffentlich gedemütigt und musste ihren Hochzeitskranz zurückgeben. Ihr Ehemann war von dieser Kritik ausgenommen.
Auch wird auf den üblichen Gedenktafeln der gefallenen Helden des Vaterlandes gedacht. Beginnend mit dem Krieg gegen Napoleon, später gegen Österreich, später gegen Dänemark, und 70/71 gegen Frankreich, hatte ja Deutschland im 19. Jahrhundert sich bereits mit allen Nachbarn einzeln abgekämpft. Im Ersten Weltkrieg wurde es dann mit allen Nachbarn gemeinsam aufgenommen und weil die Sache verloren ging, wurde es noch ein zweites Mal unter Hitler erneut versucht. Im Resultat sieht man, dass in jeder dieser Auseinandersetzungen die Bürger des Dorfes ihre Väter, ihre Brüder, ihre Söhne, ihre Onkel und andere Angehörige verloren haben in Kriegshändeln, mit denen kein einziger Bauer im Dorf irgendetwas wirklich eigenes zu tun hatte. Es waren immer wieder dieselben Familien die in jeder Generation ausgeblutet sind, den Blutzoll entrichtet haben.
Obwohl alle diese Kriege das Leben und die Sache der Bauern überhaupt nicht betrafen, waren sie es, die kontinuierlich mit ihrem Leben zu bezahlen hatten und dafür auf diesen Tafeln in höchsten Tönen gelobt und glorifiziert wurden (zum Hören, 1:25 min).
Schulzimmer
Enge Schulbänke, alle noch mit dem Loch für das Tintenfass in der Mitte und kleine, abgewetzte Schulranzen charakterisieren das Schulzimmer. Hier führte ein strenger Lehrer das Regiment mit einem Rohrstock und Strafverfügungen, wie in der Ecke stehen mit einem ans Hinterteil geklebten Fuchsschwanz dran.
Besonders, wenn man die heutigen Schultaschen kennt, beeindruckt doch der Unterschied. Damals war im Schulranzen gerade mal Platz für die Schiefertafel den Griffel und das Schwämmchen, vielleicht noch für ein Lesebuch. Heute sind diese Schultaschen dreifach so groß dimensioniert, aus Plastik, folgen der Mode und sind vollgestopft mit einer Unzahl von Utensilien.
Nebenbei wird deutlich, wie sich das Schreiben mit der Gänsefeder entwickelt hat über die Schreibfeder mit Tintenfass zum Füllfederhalter und schließlich zum modernen Kugelschreiber beziehungsweise gar zum Laptop. An den Wänden befinden sich alte Schulkarten und eine Demonstration des Schulzahnarztes, der mit einer Tret-Bohrmaschine in der Schule Behandlungen ausführte (zum Hören, 1:40 min).
Plumpsklo
Zur Bauzeit, 1750 gab es im gesamten Dorf in keinem einzigen Haus ein Badezimmer oder eine Toilette. Hier im Forsthof wurde deshalb etwa 100 Jahre später ein modernes Plumpsklo außen am Haus angebaut, welches vom 1. Stock aus direkt zugänglich war: ein Stockwerk tiefer befand sich dann eine Grube, die von Hand alle paar Monate mal geleert werden musste. Es gab Toilettenstühle im Haus, Nachttöpfe und ganz allgemein wird deutlich, wie himmelweit sich heutige Hygienevorschriften und Bedürfnisse von den Möglichkeiten früherer Zeiten unterscheiden (zum Hören, 0:56 min).
Omas Schlaf- und
Sterbezimmer
Bis vor wenigen Jahren hat noch Gretel Fourier bei der Museumsführung hier angehalten und erzählt, wie sie als siebenjähriges Kind in diesem Bett ihrer Oma zu nächtigen hatte. Eines Morgens war sie dann aufgewacht und musste erschrocken feststellen, dass die Oma neben ihr kalt war. Sie hat dann als Kind miterlebt, wie die alte Frau auf dem Fußboden gebettet wurde. Der Spiegel wurde verhüllt, die Uhr wurde angehalten und das ganze Trauerritual vollzog sich zu Hause mit großer Gelassenheit. Die tote Oma wurde im Zimmer aufgebahrt und es war eine Selbstverständlichkeit für die Kinder, all diese Vorgänge teilnehmend mit zu beobachten (zum Hören 1:42 min),
Flüchtlingszimmer
Nach dem Krieg mussten von der selber darbenden Heimatbevölkerung an die 6 Millionen Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten aufgenommen werden. Die abgerissenen und mittellosen Flüchtlingsfamilien wurden gnadenlos auf alle Häuser der Bevölkerung verteilt und lebten dort dann auf engstem Raum in ärmlichsten Verhältnissen.
Dies wird in diesem Zimmer dargestellt, zusammen mit den Ursachen dieser Misere. Denn die nationalsozialistische Herrschaft hatte im Dorf deutliche Spuren hinterlassen, wie an den Wänden dokumentiert und nachzulesen ist. Plötzlich gingen die Mädchen Sonntagmorgens nicht mehr in die Kirche sondern mussten zum BDM sozusagen auf den Exerzierplatz. Männer des Dorfes wurden Soldaten aber auch KZ-Aufseher und der Lehrer des Dorfes war durch und durch braun.
All dies musste irgendwie ertragen und aufgearbeitet werden. Öffentlich erfolgte diese Aufarbeitung mindestens 30 oder 40 Jahre lang nicht. Erst jetzt, nach dem Ableben der betroffenen Generationen wurde eine erste Darstellung und Bestandsaufnahme möglich. Einige Exponate aus dieser Zeit verdeutlichen das Geschehen (zum Hören, 1:10 min).
Alte Gute Stube
Hier versuchten die großen Bauern, sich in der Stube einen etwas bürgerlichen Anstrich zu geben. Die Frauen sitzen in Festtags Tracht heraus geputzt gemeinsam um den Kaffeetisch. In der Ecke steht die barocke Standuhr, in einer anderen Ecke eine Biedermeier Glasvitrine. Hutschachteln zieren den alten Hessenschrank und im Inneren befinden sich unzählige Trachtenstücke, welche den Wohlstand aber auch den Aufwand der Familie dokumentieren sollten. Es wird farbenprächtig deutlich, welch ungeheure Mühe in die ganze Trachtentradition investiert werden musste. Das benutzte Essgeschirr und die Feinheiten des „Putzes“ waren schon damals geschätzte Statussymbole (zum Hören, 1:21 min).